Archiv 2012 - Berichte und Informationen

150 Apfel- und 60 Birnensorten gibt es am Warthof in Grünberg zu bestaunen

Kooperationspartner der Naturlandstiftung Kreis Gießen e.V. unternahmen eine Exkursion zum Warthof Grünberg.

 

„Kooperationen müssen wachsen und leben vom Dialog. Die gemeinsame Exkursion zum Warthof in Grünberg soll eine Gelegenheit bieten, sich auszutauschen und das Wir -Gefühl zu stärken.“ Mit diesen Worten begrüßte Ottfried Weber, Vorsitzender des Ausschusses für Naturschutz im Jagdverein Hubertus Gießen und Umgebung e.V. die Teilnehmer und Teilnehmerinnen zu einem fachorientierten Spaziergang bei bestem Spätsommerwetter. Mit dabei waren Vertreter und Vertreterinnen der Naturlandstiftung Kreis Gießen und Umgebung e.V. , des Bienenzuchtsvereins Grünberg und Umgebung e.V., der Hegemeinschaft Grünberg, der Vogelschutzgruppe Saasen sowie des Jagdvereins Hubertus Gießen e.V..


Imkerei und Pflanzenbau im Gespräch


Weiterführung des Dialogs zwischen Landwirten, Imkern und Jägern in Grünberg


„Herzlichen Dank für den informativen Abend. Jetzt sind sich Imker, Landwirte und Jäger in ihren Anliegen wieder ein Stück näher gekommen“, dankte einer der Teilnehmer dem Referenten Stephan Brand am Ende des Vortrags „Imkerei und Landwirtschaft im Gespräch“, der in den Condomer Stuben der Gallushalle Grünberg stattfand.


Brand, landwirtschaftlicher Berater des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen, kommt selbst aus einem landwirtschaftlichen Betrieb, in dem auch die Imkerei Tradition hat. Sehr authentisch gelang es daher dem Referenten, das Bemühen um Landschafts- und Naturschutz sowie die Wirtschaftlichkeit der bäuerlichen  Betriebe von allen Seiten zu beleuchten und dabei die Positionen von Imkern und Jägern  mit im Blick zu haben.


Werner Bugdahl, Vorsitzender des Bienenzuchtvereins Grünberg und Umgebung e.V., machte zu Beginn des Abends in den vollbesetzten Condomer Stuben nochmals deutlich, dass mit der Veranstaltung der im letzten Jahr begonnene Dialog zwischen Landwirten, Imkern und Jägern fortgesetzt werden soll, was auch Ottfried Weber vom Ausschuss für Naturschutz des Jagdvereins Hubertus Gießen und Umgebung e.V. unterstrich.


Wie lassen sich Bienenschutz und Pflanzenschutz miteinander vereinbaren? Welche Problematik ergibt sich dabei für Landwirte und Imker?


Brand erläuterte zunächst die aktuelle Situation der Landwirtschaft in Hessen. Innerhalb der letzten 40 Jahre hätten jeden Tag 6 Landwirte ihre Bewirtschaftung aufgegeben. Erhöhte Produktionskosten, schwankende Weltmarktpreise und zunehmende Wetterherausforderungen seien unter anderem Gründe dafür. So sind in diesem Jahr teilweise 80 % der Saaten durch den strengen Frost im Winter ausgefallen, dazu kommen Fäulniserreger an Rapspflanzen, die zu weiteren Ausfällen führen werden.  Imker beklagten in diesem Frühjahr  bedingt durch die extreme Witterung in 2011 geschwächte Völker. Dazu komme weiterhin ein erhöhtes Bienensterben durch den Befall mit der Varroamilbe.  Klar strich Brand heraus, dass die Biene mit ihrer Bestäubungsleistung nach Kuh und Schwein das drittwertvollste Nutztier Europas sei. Im weiteren Verlauf des Vortrages ging der Referent  auf die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und ihre Gefahren für die Bienenvölker ein. Der direkte Kontakt mit den Spritzmitteln während der Behandlung der Feldfrucht sei selten, da Landwirte verantwortungsvoll damit umgingen und  hohe Auflagen der Bienenschutzverordnung beim Ausbringen erfüllen müssten.


Möglicherweise könnten Bienen beim Wasserholen Pflanzenschutzmittel aufnehmen, wenn durch den Wurzeldruck Wassertröpfchen an den Blättern der Pflanzen ausgeschieden werden, die auch Rückstände von Beizmitteln enthalten könnten. Das Aufstellen von Bienentränken in Stocknähe könne da (etwas)helfen.


Gebeiztes Saatgut stelle für Bienen je nach Wirkstoff eine mögliche Gefahr dar. Beim Sävorgang könnten Bienen durch Abdrift - Stäube, die sich auf benachbarten blühenden Bienenweidepflanzen ablagerten, mit Pestiziden in Berührung kommen.  Die Giftstoffe könnten dann in den Stock gelangen und über Ammenbienen auch die Brut schädigen.  Die Verschärfung der  Bienenschutzverordnung habe da aber bereits Erfolge erzielt. Das Beizen von Saatgut sei stark eingeschränkt, was aber auch bedeute, dass Landwirte ihr Saatgut nicht mehr selbst herstellen könnten und damit die Produktionskosten stiegen.


Kritisch beleuchtete Brand den Umgang von Hobbygärtnern mit Pflanzenschutzmitteln.  Während Landwirte enge Beschränkungen und Auflagen im Umgang damit bekämen, werde die Verwendung im Hobbybereich wenig geschult.


Im dritten Teil seines Vortrages gab Stephan Brand konkrete Tipps, um Landwirten und Imkern zu helfen. Hier gilt wieder als oberster Grundsatz: „Im Gespräch sein“, d.h. sich gegenseitig darüber zu informieren, wann die Spritzmittel ausgebracht werden sollen und den aktuellen Standort der Bienenvölker mitzuteilen.


Flugaktiv sind Bienen ab 12 Grad Celsius, das bedeutet, dass die Abendstunden und auch die Nacht die besten Zeiten sind, um Pflanzenschutzmittel auszubringen. Rapsfelder sind zudem nach 19 Uhr unabhängig von Witterung und Temperatur von den Bienen „abgeweidet“. Eine genaue Auswahl der Fungizide kann die Gefahren für Bienen ebenfalls mindern. Problematisch sei dabei, dass nicht alle Mischungen auf ihre Toxizität überprüft sind, daher empfehle es sich, fachkundige neutrale Beratung z.B. des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen in Anspruch zu nehmen, auch um feststellen zu lassen, ob eine Behandlung der Pflanzen zu diesem Zeitpunkt überhaupt notwenig sei. Rapsblütenbehandlungen sollten nach Möglichkeit nur an Tagen ohne Trachtflug der Bienen durchgeführt werden. Dass sich dann oft nur ein enges Zeitfenster für die Landwirte ergebe, räumte Brand durchaus ein.


Damit der gute Dialog zwischen Landwirten, Jägern und Imkern auf immer solidere Füße gestellt werden kann, lud Klaus-Peter Schäfer, Jagdvorsteher aus Stangenrod alle Teilnehmer und weitere Interessenten zum Feldrundgang am 14.Mai 2012 um 18 Uhr ein. Treffpunkt ist dabei der Hof von Jörg Schlosser in Nieder Ohmen. Dabei soll unter anderem demonstriert werden, wie Spritzmittel sachgerecht ausgebracht werden.


Gabriele R. Winter, 2012